Frühdiagnose und stabile Umfelder als Schlüssel für bessere Zukunftsperspektiven

Eine im Juni 2025 veröffentlichte Studie in der Fachzeitschrift Frontiers in Pediatrics liefert erstmals differenzierte Erkenntnisse über strukturelle Hindernisse in der Versorgung von Menschen mit Fetalen Alkoholspektrum-Störungen (FASD). Die Untersuchung macht deutlich: Eine frühe Diagnose, kombiniert mit einem stabilen sozialen Umfeld, ist entscheidend für die Lebensqualität und gesellschaftliche Teilhabe betroffener Kinder – wird jedoch in der Praxis häufig zu spät oder gar nicht realisiert.

Hintergrund

FASD gehört weltweit zu den häufigsten vermeidbaren neurologischen Entwicklungsstörungen. Betroffene Kinder zeigen kognitive, emotionale und soziale Auffälligkeiten, benötigen jedoch häufig Jahre bis zur korrekten Diagnose – wenn diese überhaupt erfolgt. Die neuen Ergebnisse zeigen: Adverse Childhood Experiences (ACEs) wie Vernachlässigung, instabile Pflegeverhältnisse oder frühe Traumatisierung verschärfen die Situation erheblich – diagnostisch, sozial und gesundheitlich.

Studienergebnisse im Überblick

  • Frühdiagnosen vor dem 6. Lebensjahr wirken schützend – sie ermöglichen individuell zugeschnittene Hilfen und verbessern Langzeitprognosen signifikant.
  • Kinder mit späten oder fehlenden Diagnosen zeigen eine deutlich erhöhte Rate an Folgeproblemen: Schulabbrüche, Suchtentwicklung, Justizkontakt.
  • Pflege- und Adoptivfamilien berichten regelmäßig über fehlende Information, mangelhafte Unterstützung und unzureichende institutionelle Kooperationen.
  • Die Studie fordert eine stärkere Verzahnung von Gesundheitssystem, Jugendhilfe und Bildung – flankiert durch flächendeckende Fortbildungen für Fachkräfte.

Internationale Relevanz

Die Untersuchung wurde von einem multidisziplinären Team unter der Leitung von Dr. C. Jonsson und Dr. T. Wolf durchgeführt. Die Datenerhebung erstreckte sich über mehrere Länder mit vergleichbaren Versorgungssystemen, darunter Deutschland, Kanada und Großbritannien.

„Viele Kinder mit FASD gelten zunächst als ‘verhaltensauffällig’ oder ‘unerziehbar’. Doch die Ursachen sind neurobiologisch und medizinisch fundiert. Diese Diskrepanz zwischen Problemlage und Versorgung muss endlich überwunden werden“, betont Dr. Jonsson.

Ausblick

Die Autoren sprechen sich für die Implementierung von Früherkennungsstrukturen, verbindlichen Versorgungswegen und langfristiger Fallbegleitung aus – analog zu anderen entwicklungsneurologischen Störungsbildern. Zudem wird eine konsequente Entstigmatisierung von FASD gefordert.

Die vollständige Studie ist abrufbar unter:

www.frontiersin.org/articles/10.3389/fped.2025.1603765/full